Samstag, 19. Januar 2008

Die Sackgasse

Ja, manche Dinge hat man eben doch ungewollt von den Eltern übernommen: Eine Landschaft überschwänglich loben und von den Mitmenschen erwarten, dass sie genauso überwältigt sind, mit sich selber sprechen, Namen verwechseln oder eben: andere Wege und Abkürzungen finden wollen. So ging es uns beim freitäglichen Nachmittagsspaziergang. Lena, Thomas (ein Erasmusstudent aus Österreich) und ich machten uns auf den Weg in die hügelige (laut Thomas darf man alle Erhebungen unter 1000 Meter Höhe nur "Hügel" nennen) Umgebung von Aix. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten - alles war schön. Der Weg schlängelte sich zu einer Plattform, auf der dieses Foto entstand: Aix von oben.

Laut Karte waren wir am Ende der Welt, aber Thomas und ich entschieden, der Weg müsse weitergehen, einen Bogen machen und uns wieder sicher nach unten in die Stadt bringen. So liefen wir weiter. An pompösen Villen und kläffenden Hunden vorbei, bestaunten wild wachsende Kakteen, sprangen zur Seite, wenn Anwohner uns zeigen wollten, wie schnell ihr Auto fahren kann und liefen und liefen, während der Weg weiter anstieg, sanfte Kurven machte und nicht gerade so aussah, als würde er zurück zu Stadt führen. Nun aber, auch so eine Sache, die man von den Eltern gelernt hat, kann man einen Weg nicht einfach zurückgehen - deshalb liefen wir weiter. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten, die zweite Stunde verstrich und der Weg mündete auf einer zweiten Plattform, von der wir folgendes Foto schossen:


Das (Atom)kraftwerk im schönen Örtchen "Les Anges" (Die Engel). Der Weg machte eine Kurve, Aix lag weit hinter und tief unter uns und während Lena Thomas mittlerweile überzeugt hatte, einfach wieder umzukehren, ließ ich mich von dem Sackgassenschild, das am Wegesrand stand, nicht beeindrucken und überredete die beiden, mitzukommen - Autos können da nicht durch, Fußgänger sicher schon. Also liefen wir weiter. Die Sonne begann zu sinken, die Vögel zwitscherten nur noch vereinzelt, es wurde kühler und ein Schild verbot uns zu jagen. Briefkästen von Villen am Wegesrand, ein Haufen Hundescheiße, Müllcontainer und Stromleitungen. Aix lag tief unten, wir stapften weiter. Ein Auto überholte uns. Im Inneren eine Familie, die uns halb überrascht, halb misstrauisch (Lena nannte es "sparsam") ansah. Das Mädchen auf dem Rücksitz dreht sich noch einmal um, um sich zu vergewissern, dass es nicht eben Gespenster gesehen hatte. Wir liefen unverdrossen weiter, bestaunten die Landschaft, besahen uns den Sonnenuntergang, zählten die Lebensmittel auf, die wir dabei hatten, um uns in der Nacht versorgen zu können, falls der Weg niemals aufhören würde. Was er dann aber tat. Mitten im Nichts teilte er sich auf und führte auf zwei Privatgrundstücke, deren Betreten strikt untersagt war. Was für uns bedeutete: Umkehren. Ein Unding. Eine Sache der Unmöglichkeit. Aber auch ich musste es einsehen. Und so stapften wir wieder zurück, zwei Stunden. Während der Himmel sich rot färbte, in der Stadt die Lichter angingen und Fledermäuse durch die Luft turnten. Es war ein schöner Spaziergang, wir genossen die Atmosphäre (während unsere Beine zu schmerzen begannen) und ich habe eingesehen: Manchmal muss man einfach den gleichen Weg zurück gehen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Die Aussicht hat hoffentlich die Schmerzen entschwinden lassen....